Der amerikanische Patient by Braml Josef

Der amerikanische Patient by Braml Josef

Author:Braml Josef
Language: deu
Format: epub


Eindämmung

Auf mittlere Sicht stellt China eine sicherheits- und energiepolitische Gefahr für den amerikanischen Führungsanspruch in der Region dar, die Washington einzudämmen wünscht. Mit Sorge registrieren vor allem die Sicherheitsstrategen im Pentagon, in welchem Tempo die militärische Modernisierung Chinas voranschreitet.121 Der chinesische Verteidigungshaushalt erhöht sich seit mehr als zwei Jahrzehnten beinahe jährlich um einen zweistelligen Prozentbetrag. Auch im März 2011 kündigte die Volksrepublik China wieder an, das Militärbudget im laufenden Jahr auf umgerechnet 91 Milliarden Dollar, also um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aufzustocken.122 Das Pentagon geht allerdings davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen etwa doppelt so hoch sind wie die von Peking veröffentlichten.123

Diese Zahlen bereiten den US-Geostrategen Sorge im Hinblick auf die eigene Militärpräsenz und die amerikanischen Sicherheitsgarantien in der Region, insbesondere gegenüber Taiwan. China sei auf dem besten Weg, die Vormachtstellung in der Region zu erringen. 124 Seine konventionellen See- und Luftstreitkräfte würden immer umfangreicher und schlagkräftiger, zugleich ziele es darauf ab, die satellitengestützte Kommunikationsinfrastruktur der US-Streitkräfte auszuschalten. Damit sei China schon gegen Ende des Jahrzehnts in der Lage, die USA aus ihrer südostasiatischen Interessensphäre zu verdrängen, und es könne überdies seine militärische Machtstellung dazu nutzen, bei den Nachbarn diplomatische und wirtschaftliche Vorteile auszuhandeln.

Amerika, dessen internationales Ansehen seit der Wirtschafts-und Finanzkrise ohnehin schwer gelitten hat, müsse der vor allem in Asien weit verbreiteten Annahme entgegensteuern, dass die unvermeidlichen Kürzungen des Militäretats die wirtschaftlich angeschlagene Weltmacht über kurz oder lang zwingen werden, sich aus der Region zurückzuziehen. Solche Überlegungen könnten die traditionell mit den USA alliierten Länder aber auch neue potenzielle Verbündete aus Angst vor der Reaktion des immer stärker werdenden Chinas davon abhalten, enger mit den USA zu kooperieren. Amerika sei in dieser schwierigen, geostrategische Weichen stellenden Zeit erst recht gefordert, durch Präsenz und Stärke Signale auszusenden, die das Kalkül von Freund und Feind beeinflussen. So oder ähnlich dürften im Wahlkampf die Argumente von Interessengruppen, aber auch von Abgeordneten und Senatoren im Kongress lauten. Mit Blick auf die in ihren Wahlkreisen und Bundesstaaten von den anstehenden Haushaltskürzungen gefährdeten Arbeitsplätze wird die drohende »gelbe Gefahr« medienwirksam überzeichnet werden. Der Princeton-Professor Aaron Friedberg liefert der Politik schon heute medienwirksame Argumentationshilfen: »Um die notwendigen Ausgaben in Zeiten knapper Haushalte zu rechtfertigen«, so der Professor, »müssen unsere Führer deutlicher die Interessen der Nation sowie die Verpflichtungen in Asien erklären und ungeschminkter die Herausforderungen beschreiben, die Chinas unbarmherzige militärische Rüstung darstellt.«125

Um Zweifel an Amerikas Standhaftigkeit auszuräumen, hat Präsident Obama – ebenso wie George W. Bush in seinen Amtsjahren – im Januar 2010 den für Peking sensiblen Verkauf von Waffen an Taiwan angeordnet.126 Auch im Folgejahr signalisierte die Schutzmacht mit weiteren Waffenlieferungen den Schutzbedürftigen in der Region wie dem möglichen Aggressor ihre Entschlossenheit, ihre Interessen in der Region zu verteidigen. In Taipeh hatte man allerdings mehr erwartet: Das taiwanesische Militär hoffte anstelle der mittlerweile doch schon in die Jahre gekommenen F-16-Kampfjets ebenso moderne Kampfflugzeuge wie Australien beziehen zu dürfen. Dementsprechend enttäuscht gab sich Taiwans Vize-Verteidigungsminister Andrew Yang im September 2011 auf einer Konferenz der Rüstungsindustrie in Virginia, wo er seinen amerikanischen Partnern vorwarf, sie ließen sich vom Druck Chinas einschüchtern.



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